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Wie liefert man, wenn niemand mehr liefert: Engpässe in den Hardware-Logistikketten

Sie stecken in Waschmaschinen, Autos, Computern, Smartphones und Netzwerkgeräten: Computerchips und viele andere Hardwarebauteile sind aus den meisten Geräten des täglichen Lebens und besonders aus der Netzwerktechnik nicht mehr wegzudenken. Was passiert aber nun, wenn sie plötzlich knapp werden? Wo liegen die Gründe? Wie kann gerade die IT-Branche reagieren? Und sind es wirklich immer die hochkomplexen Chips, um die es in der IT geht? Wir haben Experten um ihre Meinung gebeten und fassen deren Erkenntnisse in diesem Artikel zusammen. So viel steht fest: die Siliziumstreifen am Horizont nehmen zu!

Wieso, weshalb, warum?

Es ist kein Geheimnis, dass die Corona Pandemie und der Krieg gegen die Ukraine als Haupttreiber der momentanen Lieferengpässe in der IT-Industrie angesehen werden können. Die Lockdowns in den Fabriken in China und Taiwan führten zu einem dramatischen Einbruch der Kapazitäten der Vorprodukte wie beispielsweise Chips. Grosse Computerhersteller hatten zwar Produktionskapazitäten vorab eingekauft – leider fehlen diese nun bei anderen Herstellern. Doch auch in den grossen Containerhäfen Asiens taten die Lockdowns ihre Wirkung und unterbrachen die weltweiten Logistikketten für Monate – fehlende Container verschärften die Problematik noch weiter. Durch die vielen ausgefallenen Flüge gingen zusätzlich Transportkapazitäten in Passagierflugzeugen verloren.

Auf diese bereits vorhandenen Herausforderungen traf ein anderer durch die Pandemie ausgelöster Trend: Homeoffice. Alle arbeiten plötzlich von zu Hause und dieser brandneue Arbeitsplatz benötigte natürlich auch eine entsprechende IT-Ausstattung. Alle wollten neue Router, Computer, Kameras etc. – aber die Teile, um sie zu produzieren, fehlten natürlich.

Als ob das alles nicht schon genug gewesen wäre, verschärfte der Boom der Bitcoin-Währung die Lage bei Grafikprozessoren noch zusätzlich. Grafikchips sind für das Mining von Bitcoins essenziell wichtig und der daraus resultierende Run auf Grafikkarten fegte den Markt so leer, dass sich die Einkaufspreise praktisch mehr als verdoppelten.

IT-Hersteller und Dienstleister unter Druck

Immer mehr Bauteile oder auch ganze Geräte gab es plötzlich nur noch mit längeren Lieferzeiten. Und diese verlängerten sich immer weiter! Bestimmte Produkte waren schlussendlich gar nicht mehr verfügbar. Ganze Projekte mussten verschoben oder gar ganz gestoppt werden. Die gesamte Planung stand damit auf dem Prüfstand, obwohl die Nachfrage andererseits doch so gross war. Eine saubere Kalkulation für IT-Produkte oder IT-Dienstleistungen war oft nicht mehr möglich. Manchmal sind es dann überraschenderweise die winzig kleinen Teile, die ganze Aufträge torpedieren können. Bei vielen Netzwerkgeräten gibt es ein unscheinbares Bauteil, das mit Hochtechnologie so gar nichts zu tun hat. Aber ohne dieses Teil funktioniert das Gerät nicht – sie ahnen es schon: Es geht um Lüfter. Ohne die nötige Kühlung durch Lüfter sind viele Geräte im Netzwerk nicht funktionsfähig. Lüfter werden grösstenteils im asiatischen Raum produziert und sind gerade aktuell oft noch schwerer zu bekommen als Computerchips.

Wie Unternehmen die Krise bewältigen

Einige Unternehmen in der IT-Branche waren bereits vorbereitet auf die Krise oder haben frühzeitig Massnahmen ergriffen. So konnte zumindest ein Teil der Auswirkungen abgefedert werden. Diese Massnahmen sind natürlich auch jetzt noch im Gange.

Produktion verlagern
Alles Made in Taiwan oder China? Manche Unternehmen konnten die Produktion bestimmter Bauteile auch auf einen anderen Kontinent auslagern, zum Beispiel nach Südamerika oder Europa selbst.

Produkte downgraden
Ein Experte berichtet uns von der verzögerten Produktion eines Access Points aufgrund eines fehlenden Bluetooth Chips. Die Lösung: Die meisten Kunden nutzten die Funktionalität des Bluetooth Chips gar nicht. Also entschied man sich, den Chip einfach wegzulassen, um so die Produktion deutlich zu beschleunigen und schneller liefern zu können.

Produktion sichern
Die Nachfrage nach IT-Produkten und IT-Dienstleistungen ist ungebrochen. Viele Unternehmen sichern sich deshalb schon sehr früh zukünftige Produktionskapazitäten.

Ein Blick in die Kristallkugel

Es gibt gute Gründe, positiv in die Zukunft zu blicken. Der Chip-Markt hat sich etwas entspannt. Und durch den Einbruch des Bitcoins sind Grafikprozessoren so günstig wie selten zuvor. Trotzdem kann kurzfristig noch keine Entwarnung gegeben werden. Eine aufziehende Taiwankrise kann die Erholung weiter verzögern. Die Experten rechnen mit einer Entspannung der Situation daher erst zum Ende des Frühjahrs 2023.

Ihre Position

Was können Sie tun? Planen Sie Ihre Projekte mit ausreichendem Vorlauf und sprechen Sie bei Ihren IT-Partnern die Situation offen an. Wahrscheinlich werden Sie besonders bei langjährigen Beziehungen auf offene Ohren stossen und können so sicherlich zu einer gemeinsamen Lösung für Ihr individuelles Problem kommen. Die weltweite Situation kann natürlich auch eine kurzfristige Verschiebung Ihrer Pläne nötig machen. Auch der Gebrauchtmarkt ist bei ganz dringend benötigten Geräten möglicherweise eine Option. Ein gangbarer Weg lässt sich auch in der Krise sicherlich finden. Seien wir kreativ!

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